Besucher

022195

Wer bin ich und wo gehöre ich dazu?

Wer bin ich (Ich Identität / individuelle Identität) und wo gehöre ich dazu (Wir Identität / kollektive Identität)?

Der Mensch ist immer Individuum (Ich) und Gesellschaftswesen (Wir) zugleich.

Die Kollektive Identität (Wir-Identität / Wir-Bewusstsein / Geistige Welt des Miteinanders) steht im Zusammenhang mit Begrifflichkeiten wie Kultur, Staatsform, Rechtssystem, Sozialsystem, politisches System, Wirtschaftssystem, Solidargemeinschaft oder z. B. der Lebenswelt (Philosoph Jürgen Habermas).

Während die Begriffe Staatsform, Rechtssystem … klar definiert und abgrenzbar sind, ist der Begriff der Kultur der schwammigste. Das macht ihn für politischkuturalistische Propaganda– bzw. Manipulationszwecke von autoritären Machthabern und Regimen gefährlich.

Für den Soziologen Niklas Luhmann ist die Spannweite, die der Kulturbegriff ausfüllen soll, einfach zu groß. Häufig wird seine Bemerkung kolportiert, Kultur sei »einer der schlimmsten Begriffe, die je gebildet worden sind«.

Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Traditionen, Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen bzw. Handlungsorientierungen im Überlebenskampf von sozialen Gruppen / Gemeinschaften / Völkern beruhen und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken.

Gemeinsprachlich steht die Bezeichnung häufig entweder für Kultiviertheit (Umgangsformen, Sitten und Gebräuche, Traditionen, Wohnkultur, Esskultur u. ä. oder in Abgrenzung der (als typisch angenommenen) Ausdrucks- und Verhaltensweisen – den Kulturstandards – der eigenen ethnischen Gruppe (z. B. Bayern, Deutsche, Europäer) im Vergleich mit sogenannten anderen Kulturen (etwa Chinesen, Lateinamerikaner, Indigen Völker).

Nach dem Soziologen Talcott Parsons sorgt die Kultur dafür, dass grundlegende normative Strukturen und Wertmuster aufrechterhalten bleiben. Kulturen als Medium schaffen aus dieser Perspektive ebenso wie Sprachen einen Rahmen für Musterstabilität und Musterveränderung. Interaktion und Bedeutungsgebung, greifen auf Sprache, Narrative (Erzählungen) und semantische Kodes, auf Gesten und Praktiken, auf Traditionen, auf räumliche Koordination von Menschen und Systemen und die Handhabung ihrer materialen Umgebung zurück – all dies kann die Gesellschaftsstrukturen stabilisieren und bestätigen.

Der Mensch ist immer Individuum (Ich) und Gesellschaftswesen (Wir) zugleich.

Er besitzt individuelle Anlagen, Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale, die er in das gesellschaftliche Leben einbringen kann.

Das Hineinwachsen in die Gesellschaft und das damit verbundene Entwickeln von Individualität wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur über verschiedene Begriffe bzw. Prozesse beschrieben. Die wesentlichen sind: Sozialisation, Enkulturation, Interaktion, Kommunikation, Kopplung.

Die Ausbildung einer (individuellen) Identität ist maßgeblich abhängig von sozialen Interaktionen einzelner Individuen mit anderen Menschen. Das geschieht über Kommunikation.

Immer steht ein individuelles Ich, mit einer eigenen Ich-Identität (individuelle Identität) in Wechselwirkung und in Auseinandersetzung zu einem gesellschaftlichen Wir, mit einer eigenen Wir-Identität (kollektive Identität).

Die individuelle Identität und Handlungsfähigkeit (Selbstbewusstsein) ist somit ein Ergebnis der sozialen Interaktion zwischen den individuellen Anlagen, Talenten und persönlichen Zielen von Individuen und den gesellschaftlichen Herausforderungen, Möglichkeiten und Zielen der Gemeinschaft.

Die „Individuelle Identität“ umschreibt die Gesamtheit der Eigenheiten (z. B. Geschlecht, Alter und soziale Herkunft, Ethnizität, Nationalität und Gruppenzugehörigkeiten, Beruf und sozialer Status, aber auch persönliche Eigenschaften und Kompetenz…), die ein Individuum von anderen Individuen unterscheiden.

Identität entwickelt sich; sie ist bei der Geburt anfänglich nicht vorhanden, entsteht aber innerhalb des gesellschaftlichen Erfahrungs- und Tätigkeitsprozesses, das heißt im jeweiligen Individuum als Ergebnis seiner Beziehungen zu diesem Prozess als Ganzem und zu anderen Individuen innerhalb dieses Prozesses.“ Sozialpsychologe George Herbert Mead: Geist, Identität und Gesellschaft.

Die zuerst als zwischenmenschlich erfahrene Kommunikation wird in das Selbst (-bewusstsein oder Identitätsbewusstsein) integriert und in der Form als verinnerlichter Dialog beibehalten. Jeder Mensch beginnt, sich selbst zu erkennen, indem er Unterschiede zu anderen feststellt.

Außerdem entwickelt jeder Mensch eine eigene Haltung bzw. Einstellung gegenüber den Herausforderungen und Dingen des Lebens. Auf der Grundlage von Haltungen / Einstellungen kommunizieren Menschen mit ihren Mitmenschen. Im Rahmen dieser sozialen Interaktion können sich Sichtweisen, Haltungen und Einstellungen für die Lebenspraxis natürlich auch verändern (Selbstreflexion).

Grenzen der „Selbstentfaltung“ sowie der „kollektiven Beeinflussung“ im Zusammenhang eines gelingenden Zusammenlebens von Menschen (auch verschiedener Kulturen) am Beispiel der goldenen Regel:
„Du darfst (Freiheit)“ und „Du sollst nicht … (Schutz des Mitmenschen / der eigenen + fremden Gemeinschaft)“.

Der Kernpunkt der Goldenen Regel als Wegweisung des Geistes des Miteinanders basiert darauf, dass es neben der Freiheit zur Selbstenfaltung eben auch Grenzen der Selbstentfaltung oder anders ausgedrückt die Freiheit zur bewussten Befolgung der von der Vernunft vorgegebenen Verhaltensregeln und Gesetze (Selbstbeherrschung) gibt. (Immanuell Kant).

Der Mensch ist eben Individuum (ich habe die Freiheit zum Tun, Nichttun, Unterlassen) und Gesellschaftswesen (wie wirkt sich mein Tun, Nichttun bzw. Unterlassen auf andere aus) zugleich.

Nach KANT ist Freiheit in erster Linie die Freiheit zur Vernunft.

Vernunft bzw. vernünftiges Handeln basiert auf Aufklärung.

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ ist der Wahlspruch der Aufklärung.

Statt sich auf das innerhalb der Grenzen der menschlichen Vernunft Mögliche zu beschränken oder im Handeln gegebenenfalls zurückzuhalten, existiert auf der anderen Seite vielerorts eine im Kontext falsch verstandene Selbstverwirklichung / Selbstentfaltung / I´am first)“ als ein unmittelbares Ausleben der Triebe, der Wünsche, der Empfindungen, der Weltaneignung, der Allmachtsphantasien ….

In diesem Sinne leiden wir heutzutage tatsächlich nicht an einem Zuviel, sondern einem Zuwenig an rationaler Energie und Aufklärung.

Wir müssen lernen, die Täterschaft „auch“ in uns SELBST zu suchen. Die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges wurde nicht nur allein von Adolf Hitler und den Militärs provoziert, sondern war auch das Ergebnis einer aus den Fugen geratenen „geistigen Welt des Miteinanders„.

Rationalität bedeutet eine freiwillige Beschränkung des menschlichen Geistes auf das ihm Angemessene.

Rationalität zeigt sich demgemäß dort, wo wir uns auch unserer eigenen Gefährlichkeit bewusst werden und alles daran setzen, die in jedem in uns steckende Hemmungslosigkeit unter Kontrolle (Selbstbeherrschung) zu bringen.

Im Idealfall stehen Wir-Verpflichtungen in vernünftigem Verhältnis zu Ich-Freiheiten.

Grundgesetz Artikel 2:
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Souveränität: Autarkie, Autonomie, Hoheit, Reife, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Selbstverwaltung, Unabhängigkeit

Souveräne Menschen gewährleisten das dauerhafte und geordnete Zusammenleben in einer souveränen Gemeinschaft. Genauso gewährleisten souveräne Gemeinschaften das dauerhafte und geordnete Zusammenleben von souveränen Menschen (ORDNUNGSRAHMEN VON REGELN, VERBOTEN UND GEBOTEN).

Souveräne Individuen und souveräne Gemeinschaften (Kommunen, Städte, Landkreise, Bundesstaaten, Staaten, Erdteilgemeinschaften und Weltgemeinschaft) würdigen und schützen sich gegenseitig.

Es entsteht eine Einheit in bzw. durch Verschiedenheit in Anerkennung der jeweils unterschiedlichen individuellen Individualität und / oder kollektiven Identität auf der Basis von gegenseitiger Würde und Würdigung sowie von Schutz und Freiheit.

Das Handeln von Menschen und (auch unterschiedlichen) Gemeinschaften basiert so auf gegenseitigem Geben und Nehmen in Respekt, Würdigung, Freiheit und Schutz (Reziprozität). Das ist die goldene Regel des Zusammenlebens in einem geordnetem und anerkanntem Gefüge gegenseitiger Achtung. Dieses schützt und fördert die Invidualität von Individuen (individueller Geist / Identität und stabilisiert die Gemeinschaft(en) (Kollektiver Geist / Identität).

Also nicht, Vereinheitlichung auf Kosten der Individualität, sondern Einheit durch Anerkennung der Verschiedenheit. Nur Souveränität, Individualität, Verschiedenheit und Reziprozität in einem gegenseitig anerkannten und abgesicherten Ordnungsgefüge garantieren ein geordnetes und zivilisiertes Zusammenleben in unserer gemeinsamen Welt.

Das ist natürlich anstrengend!

Gemeinwohl

Geben ist seliger denn nehmen“.

Gemeinwohl bezeichnet das Wohl , welches aus sozialen Gründen möglichst vielen Mitgliedern eines Gemeinwesens zugutekommen soll.  Souveräne Menschen gewährleisten das dauerhafte und geordnete Zusammenleben in einer souveränen Gemeinschaft und umgekehrt. Insofern liegt das Wohlergehen der Gemeinschaft im besonderen Interesse jedes Einzelnen und das Wohlergehen des Einzelnen im Interesse der Gemeinschaft.

Kurzum, wenn es allen gut geht, geht es auch einem selber gut. Aber, es kann nur verteilt werden, wenn auch etwas erarbeitet wird.

Jeder Mensch sollte je nach individuellem Talent und individueller Kraft etwas Wichtiges zu seinem und zum Gemein- bzw.  zu seinem eigenen Wohl beitragen“. Reiche und sehr finanzstarke Leistungsträger sind – insbesondere in schlechten Zeiten – zur Solidarität gefordert. Die gesellschaftliche Balance darf nicht aus dem Ruder laufen. Wenn es allen gut geht, geht es auch einem selber gut.

Geben ist demnach nicht nur ein Zeichen der Selbstlosigkeit, sondern immer auch eine Haltung vorausschauender Eigenvorsorge.

Siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_der_sozialen_Identit%C3%A4t

https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturelle_Identität

https://de.wikipedia.org/wiki/Kollektive_Identität

https://de.wikipedia.org/wiki/Identität

https://www.researchgate.net/publication/312485039_Kollektive_Identitat

https://bazonbrock.de/werke/detail/-32.html?id=32&sectid=3

https://www.hausarbeiten.de/document/181210

https://www.dgsf.org/service/wissensportal/System%20und%20Kultur.Warum%20sich%20Systemiker%20mit%20Kultur%20beschaeftigen%20sollten%20-2013.pdf

https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zfsoz-1980-0101/pdf

https://www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/59917/vielfalt-der-kulturbegriffe/